Der Herbst ist eine Zeit des Wandels. Die Blätter verfärben sich, die Tage werden kürzer, und die Natur bereitet sich auf den Winter vor. Vielen von uns sind sicherlich auch noch die schönen und bunten Erntedankaltäre in den Kirchen in guter Erinnerung. Der Herbst ist zudem eine Zeit der Dankbarkeit – eine Gelegenheit, innezuhalten und zurückzuschauen auf all das, was gewachsen ist: auf den Feldern, in unseren Herzen, in unserer Gemeinschaft.
In der bekannten Bilderbuchgeschichte "Frederick" von Leo Lionni, die die Kinder der 2. Klasse aus Landschlacht in Altnau im Erntedankgottesdienst gespielt haben, und die sicher viele von uns aus der Kindheit kennen, bereiten sich Feldmäuse auf den Winter vor. Sie sammeln Körner, Nüsse, Stroh – alles, was man eben braucht, um durch die kalte Jahreszeit zu kommen. Alle helfen mit. Alle – bis auf Frederick. Er sitzt scheinbar nur da, schaut in die Sonne, betrachtet die Farben des Herbstes, lauscht dem Wind. Die anderen sind genervt: Warum hilfst du nicht mit?
Doch dann, im tiefen Winter, als die Vorräte fast aufgebraucht sind und die Stimmung sinkt, beginnt Frederick seine «Vorräte» zu teilen. Seine gesammelten Sonnenstrahlen, Farben und Geschichten bringen die andere Hoffnung, Trost, Freude und Herzenswärme.
Die Geschichte von Frederick erinnert uns daran, dass es nicht nur um das äußere Ernten geht, sondern auch um das Sammeln innerer Schätze: Worte, die uns stärken, Menschen, die uns tragen, Momente, in denen wir Gottes Nähe spüren. Vielleicht nicht spektakulär – aber warm und tröstend. Das ist eine Form von „Ernte“, die oft übersehen wird.
Vielleicht kann der Herbst für uns alle diese Zeit sein, einmal still zu werden, zu sammeln – nicht «Körner», sondern Eindrücke, Lichtmomente, Begegnungen mit anderen Menschen oder Gott. Und dann können wir– wie Frederick – weitergeben und teilen, was uns erfüllt hat: ein gutes Wort, eine Erinnerung, ein Stück Hoffnung, Herzenswärme.
So wünsche ich Ihnen eine erfüllende und farbenreiche Herbstzeit.
Corinna Vorwieger