In unserer heutigen Gesellschaft befinden sich viele Werte im Wandel und werden von vielen Seiten hinterfragt. Doch trotz dieser Veränderungen sehnen sich die Menschen zutiefst nach klaren und verlässlichen Werten. Das Seelsorgeteam und ich sind davon zutiefst überzeugt, dass der christliche Glaube und seine Werte eine bedeutungsvolle und zentrale Rolle in unserer Gesellschaft spielen. Als Glaubensgemeinschaft setzen wir uns mit Leidenschaft dafür ein, die von uns gemeinsam festgelegten zehn Werte in unseren Alltag zu integrieren und zu verinnerlichen.

In den folgenden Ausgaben des Pfarrblatts möchten wir uns jeweils mit einem Impuls genauer mit "unseren Werten" auseinandersetzen und uns von ihnen für das Leben inspirieren lassen.

Ehrlichkeit

Schon der berühmte deutsche Autor Wilhelm Busch warnte: "Wer dir sagt, er hätte noch nie gelogen, dem traue nicht, mein Sohn!" Lügen ist menschlich – und doch ist das christliche Ideal ein anderes: "Legt … die Lüge ab und redet die Wahrheit, jeder mit seinem Nächsten; denn wir sind als Glieder miteinander verbunden." (Epheser 4,25). Zumindest in den christlichen Gemeinschaften soll die Wahrheit in den zwischenmenschlichen Beziehungen herrschen. 

Ich muss euch ehrlich sagen, ich habe mir viele Gedanken über die Ehrlichkeit gemacht. Ich habe sogar ein bisschen im Internet recherchiert und bin auf einen Text in der 20 Minuten Zeitung gestoßen, der mich richtig zum Nachdenken gebracht hat. Ich möchte meine Erkenntnisse mit euch teilen und dazu ermutigen, uns stets an der Wahrheit zu orientieren – denn nur so können wir eine Gemeinschaft aufbauen, die von Vertrauen und Offenheit geprägt ist.

Michelle de Oliveira hat einen inspirierenden Artikel verfasst, der uns zum Nachdenken anregt: Ist radikale Ehrlichkeit der Schlüssel zum Glück? In ihrem Text stellt sie fest, dass Lügen in unserer Gesellschaft verpönt sind und es als selbstverständlich gilt, in zwischenmenschlichen Beziehungen die Wahrheit zu sagen - zumindest in den wichtigen Dingen. Aber was ist mit den kleinen Notlügen des Alltags? De Oliveira weist darauf hin, dass wir durchschnittlich bis zu 200 Mal am Tag lügen - eine schockierende Zahl, die sie in ihrem Artikel thematisiert. Wir greifen oft auf kleine Notlügen zurück, um niemanden zu verletzen oder abzulehnen. Doch das kann dazu führen, dass wir uns ständig verstellen und ein Leben führen, das uns nicht erfüllt.

Die Autorin präsentiert uns die spannende Idee der "radikalen Ehrlichkeit". Diese Bewegung fordert uns auf, jegliche Unwahrheiten zu vermeiden und stattdessen stets das auszusprechen, was wir tatsächlich denken und fühlen - ohne Ausnahmen. Diese Herangehensweise ermutigt uns dazu, uns selbst und anderen gegenüber schonungslos ehrlich zu sein und unsere Gedanken und Wahrnehmungen zu teilen. Die radikale Ehrlichkeit kann uns von all unseren Sorgen befreien und uns zu einem erfüllten Leben führen, so die Autorin.

Der renommierte amerikanische Psychotherapeut und Autor Brad Blanton hat die revolutionäre Idee der radikalen Ehrlichkeit hervorgebracht und zahlreiche Bücher darüber verfasst. Seine Botschaft ist klar und deutlich: Wir sollen stets die Wahrheit sagen und uns von jeglichen Filtern zwischen unserem Gehirn und Mund lösen. Blanton ist davon überzeugt, dass die kleinen Lügen in unserem Alltag tiefgreifende Konsequenzen haben und uns belasten. Unsere Beziehungen, Ehen, Freundschaften und unser eigenes Wohlbefinden leiden, wenn wir nicht ehrlich zu uns selbst sind. Obwohl radikale Ehrlichkeit andere verletzen kann, wird sie langfristig zu tieferen und besseren Beziehungen führen, wie der renommierte Psychologe im Artikel betont.

Durch diesen Artikel fühle ich mich gestärkt und motiviert. Auch wenn ich mich selbst als aufrichtigen Menschen betrachte, ertappe ich mich gelegentlich dabei, meinen Kindern eine kleine Notlüge zu erzählen, um eine schwierige Situation zu lösen, wenn sie bereits weinen. Die Tatsache, dass Ehrlichkeit zu unseren zehn Werten des Pastoralraumer Region Altnau gehört, ermutigt mich dazu, noch bewusster und transparenter zu kommunizieren. Dadurch kann ich meine Beziehungen vertiefen und mein Wohlbefinden steigern, während ich mich bemühe, das achte Gebot "Du sollst nicht lügen" zu befolgen.

Manuela Baumann, Kinder- und Jugendmitarbeiterin