Zu dem Zeitpunkt, da ich diese Zeilen schreibe, steht die Schweiz zwei Tage vor dem Europameisterschafts Viertelfinalspiel gegen Italien. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob sie es noch sein werden, wenn sie diese Zeilen lesen. Aber nehmen wir dies doch mal zum Anlass über den Schweizerpsalm nachzudenken. Gerade vor dem Spiel gegen Italien, spüren wir, dass die beiden Nationen eine sehr unterschiedliche Beziehung zu Ihrer Nationalhymne haben. Es ist eindrücklich zu sehen, wie die Italiener vor dem Spiel Arm in Arm stehen und singen: «Lasst uns die Reihen schließen, Wir sind bereit zum Tod, Italien hat gerufen! Ja!»

Das kann einem schon mal Gänsehaut einjagen, ganz abgesehen davon, ob man nun den Inhalt des Liedes gut findet oder nicht. Dagegen haben wir in der Schweiz ein oft leider etwas sperriges Verhältnis zu unserer Nationalhymne. Als Sohn von Einwanderern, in der Schweiz geboren und aufgewachsen, erlaube ich mir aber eine Lanze für den Schweizerpsalm zu brechen. Ich habe den Schweizerpsalm kennengelernt, als ich nach meiner Einbürgerung den Wehrdienst leisten durfte. Das Lied hat mich schon von Beginn an jedes Mal berührt. Einerseits durch seine tragende Melodie, aber besonders auch wegen seinem Inhalt. Zum einen sagt es schon der Titel. Es ist ein Psalm, also ein Lied zur Ehre Gottes. Da wird Gott in der Schöpfung erkannt: «Trittst im Morgenrot daher, seh ich dich im Strahlenmeer, dich du Hocherhabener, Herrlicher!» In wunderschönen, aus der Natur entlehnten Bildern lobpreist der Beter die Wahrheit, Schönheit und Liebe Gottes. Auch theologisch deutet der Psalm die Eigenschaften Gottes auf vielerlei Weise: «Hocherhabener, Herrlicher, Menschenfreundlicher, Liebender, Unergründlicher, Ewiger, allmächtig Waltender, Rettender!» Kindlich dürfen wir diesem Gott vertrauen. Was mich aber jedes Mal beim Hören und singen des Schweizerpsalms am Meisten bewegt, sind die Worte: «Betet, freie Schweizer, betet!». Als ob uns Leonhard Widmer, der den Text 1840 verfasst hat als Mahnung etwas sagen möchte: Freiheit und Gebet gehören zusammen und beides ist nicht selbstverständlich!

In diesem Sinne: Hopp Schwiiz!

Joža Tadić